Zusammenfassung – Marcel Mauss Die Gabe: Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften (10.12.2015)

Marcel Mauss beschäftigt sich in seinem Auszug „Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften“ mit Rechts- und Wirtschaftsordnungen verschiedener Stämme der Menschen. Er verdeutlicht dabei, wie weit sie vom Naturzustand entfernt sind.
In früheren Rechts- und Wirtschaftsordnungen begegnete man nur selten einem einfachen Austausch von Gütern, Produkten sowie Reichtümern im Rahmen eines zwischen Individuen, genauer Kollektiven, abgeschlossenen Handelns.
Die im Vertrag beteiligten Personen sind vor allem moralische Personen, wie Clans, Familien und Stämme, die in einer Gruppe, aber auch durch die Vermittlung ihrer Häuptlinge gegenübertreten.
Ausgetauschtes sind neben Reichtümern und Gütern, vor allem auch Festessen, Höflichkeiten, Rituale, Frauen und Kinder, Märkte, Feste sowie Militärdienste, bei denen der Handel und der Umlauf der Reichtümer eine Art Vertrag ist.
Alle Leistungen und Gegenleistungen werden auf einer freiwilligen Basis durch Gaben sowie durch Geschenke vollzogen, obwohl sie streng obligatorisch bei Strafe öffentlichen oder privaten Kriegs sind.
All dies wird auch als „das System der totalen Leistungen“ bezeichnet.
Zwei Indianerstämme des nordwestlichen Amerikas, die Tlingit und die Haida, erweisen beiden Phratrien einander Respekt.
Diese typische, aber seltene Form dieser totalen Leistungen wird als Potlatsch bezeichnet. Potlatsch bedeutet übersetzt „ernähren“ oder auch „verbrauchen“.
Das Prinzip der Rivalität und des Antagonismus ist bei diesen Stämmen sehr bemerkenswert, da sie alle diese Praktiken beherrschen.
Sie gehen bis zum offenen Kampf oder sogar zur Tötung der einander gegenübertretenden Häuptlingen und „Adeligen“. Sie zerstören sogar die angehäuften Reichtümer, um den rivalisierenden Häuptling, häufig auch Verwandter derjenigen, den Rang abzunehmen.
Die totale Leistung und der Potlatsch bringen nicht nur Verpflichtungen mit sich, die empfangenen Geschenke zu erwidern, sie haben auch die Verpflichtung Geschenke zu machen sowie Geschenke anzunehmen.
Ein Stamm, die Dayak, haben aus der Pflicht sogar ein ganzes Rechts- und Moralsystem entwickelt, indem sie beim Mahl am Tisch, bei denen sie bei der Zubereitung des Essens zugeschaut haben, teil nehmen müssen.
„Sich weigern, etwas zu geben, es versäumen, jemanden einzuladen, sowie es ablehnen, etwas anzunehmen, kommt einer Kriegserklärung gleich; es bedeutet, die Freundschaft und die Gemeinschaft verweigern“. (Zitat)
All diese Rechte und Pflichten bringen nur eine Tatsache zum Ausdruck, nämlich ein soziales System und eine bestimmte Mentalität.
In der Ökonomie und Moral des Geschenks, spielt das Geschenk, dass den Menschen auf die Natur sowie auf die Götter gemacht wird, eine große Rolle.
Bei den Eskimos im Westalaska und der asiatischen Küste sowie in allen Gesellschaften des nordöstlichen Sibirien hat der Potlatsch neben der Wirkung auf den Menschen, auch eine Wirkung auf die Natur. „Der Austausch von Geschenken zwischen „name-sakes“-Menschen, die den Namen der gleichen Geister tragen – veranlassen die Geister der Toten, die Götter, die Dinge, die Tiere, die Natur, >>“den Menschen gegenüber großzügig zu sein<<„. (Zitat)
Die Beziehung solcher Tauschverträge zwischen Göttern, Zwischenmenschen sowie Menschen stellt eine wichtige Rolle der Theorie des Opfers da, da sie in Wahrheit als Repräsentanten der Geister dienen. Sowohl bei den nordamerikanischen, als auch bei den nordasiatischen Potlatsch enthalten alle Formen Motive der Zerstörung. Dabei werden nicht nur Macht, Reichtum und Uneigennutz bekundet, sondern auch Geister und Götter geopfert. Ein weiteres Motiv ist der Glaube, dass der Wert der Dinge von Göttern gekauft werden muss und gleichzeitig, dass die Götter wissen, wie er zurückzuerstatten sei. Bei den Neukaledoniern wird das „pilou-pilou_Fest“, sowie das System der Feste, Geschenke inklusive Geld und Leistungen aller Art eindeutig als Potlatsch bezeichnet. Die Bewohner der Trobriand-Inseln, welche zu den Zivilisiertesten der Rasse gehören und Argonanten des westlichen Pazifik genannt werden, besitzen ein inner- und zwischenstammliches Handelssystem, welches Kula genannt wird. Das Kula kann mit einem großen Potlatsch verglichen werden und hat vermutlich, es ist noch nicht bewiesen, die Bedeutung eines Rings. Die Stämme schließen all ihre Wert- und Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungen aller Art sowie Nahrungsmittel und Feste etc. in einen solchen Ring ein. Innerhalb diesem werden räumlich sowie zeitlich gleichmäßige Bewegungen beschrieben. Das Kula ist zudem ein aristokratischer Handel, der nur den Häuptlingen vorbehalten zu sein scheint. Dabei wird vom einfachen Austausch nützlicher Dinge, auch „gimwali“ genannt, und der feierlichsten, edelsten und am stärksten vom Wettstreit bestimmten Form des Kulas, dem „uvalaku“, unterschieden. Die wesentlichen Gegenstände eines Geschenkaustauschs, ist eine Art Geld, das „vaygiuá“ genannt wird. Davon gibt es zwei Sorten, die „mwali“- schönes aus einer Muschel geschnittene und polierte Armreifen, und die „soulava“ –Halsketten. „Man besitzt sie, um sich an diesem Besitz zu erfreuen“. (Zitat)
Es ist für sie die Quelle des Reichtums, die jedoch nicht zu lange aufbewahrt werden darf. Auch darf man sie keinem anderen zukommen lassen, nur der in einer bestimmten Richtung determinierten Person (Armreif-Richtung; Halsketten-Richtung).
Die ganze Gemeinschaft ist stolz auf die „vaygiuá“, die der Häuptling mit nach Hause bringt. Bei Vorbereitungen einer Totenfeier ist es sogar erlaubt, zu empfangen, ohne etwas zurückzugeben, um dann alles wieder zurückzuerstatten, wenn das Fest stattfindet. Man besitzt also ein Eigentumsrecht, mit allen möglichen Rechtsprinzipien, an dem erhaltenen Geschenk.

Literaturverzeichnis:

Auszug aus: Mauss, Marcel: Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, übers. v. Eva Moldenhauer, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1990, S. 165-174

Zusammenfassung – Marcel Mauss Die Gabe: Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften (10.12.2015)

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