In seinem Auszug „ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital“ kritisiert Pierre Bourdieu den wirtschaftswissenschaftlichen Kapitalbegriff. Daher möchte er diesen gerne ausweiten. Außerdem fordert Bourdieu allgemeine Wissenschaft von der ökonomischen Praxis. Er möchte, dass die ökonomische Praxis auch Dinge mit einbezieht, die einen ökonomischen Charakter tragen, als solche jedoch nicht erkennbar sind.
Des Weiteren unterscheidet Bourdieu zwischen drei Arten von Kapital: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital.
Das ökonomische Kapital entspricht fast vollständig dem wirtschaftswissenschaftlichen Kapitalbegriff und ist direkt in Geld konvertierbar. Außerdem eignet es sich gut zur Institutionalisierung des Eigentumsrechts.
Das kulturelle Kapital wird grundsätzlich in drei Formen aufgeteilt: Objektives kulturelles Kapital, inkorporiertes kulturelles Kapital, institutionalisiertes Kapital.
Das objektive kulturelle Kapital wird durch materielle Träger, wie Maschinen, Bücher oder Schriften, objektiviert und ist dadurch in Geld konvertierbar. Außerdem kann es durch inkorporiertes Kulturkapital genutzt werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn man zum Beispiel die Fähigkeit besitzt, eine Maschine zu bedienen. Ist dies nicht der Fall, so ist sie nutzlos.
Das inkorporierte kulturelle Kapital ist die Bildung, die man unbewusst beispielsweise in der Erziehung in der Familie oder bewusst während der schulischen Ausbildung erworben hat. Der Erwerb dieser Bildung benötigt viel Zeit und setzt einen Verinnerlichungsprozess voraus. Er ist daher körpergebunden und wird zum Teil des Habitus einer Person.
Das institutionalisierte kulturelle Kapital dient der Umwandlung von kulturelles in ökonomisches Kapital.
Es umfasst schulische sowie akademische Titel und schafft somit eine Differenz zwischen Titelinhaber und Selbstlerner.
Denn durch den akademischen Titel wird einer bestimmten Person, die Kulturkapital besitzt, institutionelle Anerkennung entgegen gebracht.
Das soziale Kapital ist das große Ganze der potentiellen sowie aktuellen Ressourcen. Sie sind verbunden mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes institutionalisierter Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens. Das soziale Kapital beruht sich auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, wie zum Beispiel die Familie oder das Netzwerk und auf symbolische sowie materielle Tauschbeziehungen, die mit Arbeit und Zeit verbunden sind.
Es ist zudem ein Produkt laufender Investitionen von so genannten Institutionalisierungsriten (Preise, Geschenke).
Mit der implizierten sowie gegenseitigen Anerkennung der Gruppenzugehörigkeit wird die Gruppe reproduziert.
Am Ende des Auszuges spricht Bourdieu von der Umwandlung von ökonomischen in kulturelles Kapital. Er ist der Meinung, dass die Akkumulation von inkorporierten Kulturkapital viel Zeit in Anspruch nimmt. Diese wird durch die Verfügung über ökonomisches Kapital ermöglicht. Die Zeit spielt bei dem ökonomischen sowie kulturellen Kapital eine wichtige Rolle. Sie ist das Bindeglied zwischen beiden.
Auszug aus Bourdieu, Pierre:>>Ökonomisches Kapital – Kulturelles Kapital – Soziales Kapital<<, in: Ders., Die verborgenen Mechanismen der Macht, übers. v. Reinhard Kreckel, Hamburg: VSA-Verlag 2005, S.49-79